Im Gespräch mit: Stefan Metzdorf

Stefan Metzdorf ist deutscher Politiker der SPD und Ortsbürgermeister von Gusterath. Anlässlich der Landratswahl am 26.09.21, die in einer Stichwahl am 10.09.21 entschieden wird, hat das Bündnis Naturraum Mehringer Höhe den Landratskandidat:innen Fragen zur Mehringer Höhe sowie ihrer Klima- und Umweltschutzpolitik gestellt. Stefan Metzdorf spricht sich gegen die Rodung der Mehringer Höhe zugunsten eines Industriegebiets aus und möchte sich stattdessen für deren Erhalt einsetzen.

Frage 1Wie rechtfertigen Sie auf dem Hintergrund der jetzigen Gesetzeslage und der bereits deutlich sicht- und spürbaren massiven Zerstörung von Natur durch unseren Lebensstil die Ansiedlung des auf der Mehringer Höhe geplanten Industriegebietes mit einer Bebauungsfläche von ca. 85 ha?

Ich habe nicht vor, die Ansiedlung eines Industriegebiets auf der Mehringer Höhe zu rechtfertigen, da ich persönlich das Projekt ablehne.

Frage 2: Am 29.7. war der sogenannte Erdüberlastungstag. Bezogen auf Deutschland wäre er bereits am 5. Mai gewesen. Das bedeutet, dass wir aktuell dreimal mehr Ressourcen verbrauchen, als uns zusteht. Das bezieht sich selbstverständlich auch auf den Flächenverbrauch. Nach welchen Kriterien können Sie unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage sowie der aktuellen Verlautbarung des Weltklimarates noch Industrie- und Gewerbegebiete ausweisen?

Für den Fall, dass ich die Erschließung eines neuen Industrie- und Gewerbegebiets unterstützen würde, wären insbesondere der Flächenverbrauch und die Art des Eingriffs in die Natur wesentliche Kriterien bei meiner Entscheidung. Insbesondere aus diesen Gründen lehne ich persönlich die Pläne für die Ansiedlung eines Industriegebiets auf der Mehringer Höhe ab.

Frage 3: Der Schutz vor Extremwetterlagen (Hochwasser/Hitzewellen/ Dürre), der Ausbau und die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Trier – Luxemburg – Hunsrück – Eifel und nachhaltiger klimaneutraler Tourismus sind das Gebot der Stunde. Welche nachhaltigen Strukturmaßnahmen können Sie den Wählerinnen und Wählern präsentieren?

Mit den vier inzwischen umgesetzten Busbündeln und den kontinuierlichen Verbesserungen im Schienenpersonennahverkehr haben wir im Landkreis inzwischen ein recht gutes ÖPNV-Angebot realisiert. Das allein reicht für die Zukunft nicht aus. Wir müssen die Akzeptanz des ÖPNV in der Bevölkerung deutlich erhöhen, nicht zuletzt, um unsere Klimaziele zu erreichen. Dafür werde ich mich sowohl im Verkehrsverbund (VRT) wie im Zweckverband ÖPNV Rheinland-Pfalz Nord mit Nachdruck einsetzen.

Mein Fokus wird dabei insbesondere bei der künftigen Tarifgestaltung liegen. Die heutigen ÖPNV-Tarife im VRT sind grundlegend zu reformieren. Sie müssen einfacher und transparenter, vor allem aber auch sozial gerechter werden. Zudem muss es einfacher werden, Fahrscheine zu erwerben. Hier wird die Digitalisierung künftig eine zentrale Rolle spielen, ohne dass die Menschen vergessen werden, die keinen oder nur begrenzten Zugang zu digitalen Medien haben.

Auch das ÖPNV–Marketing muss neu gedacht werden. Neben der Information über Fahrpläne und Tarifangebote müssen wir das Image des ÖPNV systematisch verbessern. Mit „Schnupperangeboten“ müssen wir die Bevölkerungsgruppen erreichen, die den ÖPNV bislang nicht oder nur ganz selten nutzen. Kombi-Angebote müssen bei Kultur- und Sportveranstaltungen eine Selbstverständlichkeit werden; für Touristen muss der Fahrschein als „Gästekarte“ Bestandteil des Übernachtungspreises werden, wie in anderen Tourismusregionen längst üblich.

Großprojekte wie der Moselaufstieg werden die Verkehrsprobleme unserer Region nicht lösen. Wichtiger ist es den ÖPNV auszugestalten und attraktiver zu machen. Dies scheitert leider nicht selten daran, dass die Nutzer:innen die Angebote nicht ausreichend annehmen. Deshalb gilt es in unseren ländlichen Regionen neue Modelle zu entwickeln. Hierzu wäre mein Vorschlag eine Zukunftswerkstatt andenken, die vor allem für Jugendliche, aber nicht nur Ihnen, das Fahren mit ÖPNV – gerade mit Blick auf den Klimawandel – interessant werden lässt. Hier wird noch viel zu oft mit alten Mustern, statt mit wirklich neuen Konzepten gearbeitet.

Für Einheimische wie für nachhaltigen Tourismus gleichbedeutend ist der Ausbau unseres Radwegenetzes. Hier müssen wir schneller vorankommen, insbesondere was den geplanten Radschnellweg von Schweich über Trier nach Konz angeht. Aber auch die übrigen Regionen müssen wir besser mit Radwegen vernetzen, damit das Fahrrad für noch mehr Menschen eine echte Alternative werden kann.

Und noch ein wichtiger Aspekt der Verkehrsinfrastruktur: Die zurückliegende Flutkatastrophe hat u. a. die Schieneninfrastruktur zwischen Euskirchen und Trier, die sog. Eifelstrecke in großen Teilen zerstört. Im Landkreis ist die Eifelstrecke insbesondere für Kordel und Daufenbach von hoher Bedeutung; sie ist aber auch wesentlicher Bestandteil der regionalen Verkehrserschließung. Als Landrat werde ich nicht nur mit Nachdruck den schnellen Wiederaufbau der Strecke fordern, sondern mich auch dafür einsetzen, dass der Wiederaufbau mit einer grundlegenden Modernisierung der Strecke einhergeht. Dies gilt für die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik, aber auch für die Frage, ob die Zweigleisigkeit und die Elektrifizierung zumindest teilweise in Betracht kommen.

Frage 4: – Eingriffe in die Natur wie die Vernichtung der CO2-Senke durch das Abholzen des Waldes, die Minimierung der Artenvielfalt, die Versiegelung und Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen, das erhöhtes Verkehrsaufkommen mit zusätzlichem CO2 Ausstoß und die durch die Versiegelung  der Böden erhöhte Hochwassergefahr verursachen hohe nicht abschätzbare Kosten in der Gegenwart und nahen Zukunft für die gesamte Gesellschaft. Das sind sogenannte externalisierte Kosten. Inwiefern werden die bei der Erschließung des Gewerbegebietes/Industriegebietes – hier auf der Mehringer Höhe – diese externalisierten Kosten tatsächlich berücksichtigt?

Wichtige Fragen! Der Kreistag Trier-Saarburg, dem ich ebenfalls angehöre, hat aufgrund eines Antrags von SPD, Grüne sowie Linke ein Klimaschutzkonzept auf den Weg gebracht hat. Damit wird Klimaschutz auch auf Kreisebene endlich zu einem zentralen Thema, das bei allen Maßnahmen mit bedacht werden muss. Als für die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes zuständiger Landrat würden diese Fragen bei den zu erstellenden Gutachten für die Planungen zur Ansiedlung von Gewerbegebieten eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen. Andere Landkreise sind hier leider viel weiter als wir, deshalb würde die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts auch ganz klar einen Schwerpunkt bei meiner Arbeit als Landrat bilden.