Martina Wehrheim ist deutsche Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Kreistags Trier-Saarburg. Anlässlich der Landratswahl am 26.09.21, die in einer Stichwahl am 10.09.21 entschieden wird, hat das Bündnis Naturraum Mehringer Höhe den Landratskandidat:innen Fragen zur Mehringer Höhe sowie ihrer Klima- und Umweltschutzpolitik gestellt. Martina Wehrheim spricht sich gegen die Rodung der Mehringer Höhe zugunsten eines Industriegebiets aus und möchte sich für deren Erhalt einsetzen.
Frage 1: Wie rechtfertigen Sie auf dem Hintergrund der jetzigen Gesetzeslage und der bereits deutlich sicht- und spürbaren massiven Zerstörung von Natur durch unseren Lebensstil die Ansiedlung des auf der Mehringer Höhe geplanten Industriegebietes mit einer Bebauungsfläche von ca. 85 ha?
Gar nicht. Ich halte dies sogar für einen Fehler und bin ganz bei Ihnen, dass die Ansiedlung eines Industriegebiets diesen Ausmaßes und an diesem Standort mit einer natur-und klimaverträglichen Wirtschaftsförderung und der Erreichung von Klimaschutzzielen nicht in Einklang zu bringen ist
Frage 2: Am 29.7. war der sogenannte Erdüberlastungstag. Bezogen auf Deutschland wäre er bereits am 5. Mai gewesen. Das bedeutet, dass wir aktuell dreimal mehr Ressourcen verbrauchen, als uns zusteht. Das bezieht sich selbstverständlich auch auf den Flächenverbrauch. Nach welchen Kriterien können Sie unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage sowie der aktuellen Verlautbarung des Weltklimarates noch Industrie- und Gewerbegebiete ausweisen?
Auch da laufen Sie bei mir offene Türen ein. Ich möchte genau dies nicht weiterverfolgen. Bereits im Umweltbericht von 2004, nachzulesen auf der Internetseite des Kreises Trier Saarburg, wurde darauf hingewiesen, dass weiterer Flächenverbrauch für Wohngebiete und Wirtschaftsstandorte zu vermeiden ist. Dies wurde bisher nicht umgesetzt. Ich möchte zunächst eine Bedarfsanalyse vornehmen im Kreis und eine Analyse der Freiflächen in bestehenden Industriegebieten, sowie Möglichkeiten der Lückenfüllung. Neue Gewerbegebiete in Naturgebieten sind für mich keine Option. Am Ende muss auch die Frage gestellt werden, wieviel Wirtschaftswachstum wir im Kreis brauchen. Ich möchte die Ansiedlung umweltfreundlicher, klimaneutraler Gewerbe fördern, ohne weitere Flächenversiegelung.
Frage 3: Der Schutz vor Extremwetterlagen (Hochwasser/Hitzewellen/ Dürre), der Ausbau und die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Trier – Luxemburg – Hunsrück – Eifel und nachhaltiger klimaneutraler Tourismus sind das Gebot der Stunde. Welche nachhaltigen Strukturmaßnahmen können Sie den Wählerinnen und Wählern präsentieren?
Zum Bereich Hochwasserschutz gehört für mich zwangsläufig das Thema Flächenversiegelung. Um weitere Hochwasserszenarien zu entschärfen, müssen wir gerade eine Entsiegelung von Flächen vornehmen und den Flüssen und Bächen mehr Platz geben. Die Wohnbebauung muss in ausreichendem Abstand zu Gewässern und unter Berücksichtigung der umgebenden Natur erfolgen, auch die Abholzung der Wälder muss zurückgenommen werden und streng dem Gesetz der Nachhaltigkeit unterliegen. Der Ausbau und die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs sind mir ein besonders wichtiges Anliegen. Nicht nur die Tarife des öffentlichen Nahverkehrs müssen deutlich reduziert werden, das Angebot muss auch so ausgeweitet und bedarfsgerecht angepasst werden, dass in regelmäßigen Abständen alle größeren Orte im Landkreis angefahren werden und auch die entlegeneren Ortschaften mit kleineren Bussen, die möglichst elektrisch betrieben werden, eine praktikable Anbindung haben. Insbesondere Schülerinnen aller Altersklassen möchte ich die Beförderung mit dem PNV kostenlos garantieren. Aber auch ArbeitnehmerInnen, SeniorInnen, etc. müssen die reelle Möglichkeit haben, ihre täglichen Ziele ohne Auto zu erreichen. Nachhaltiger, klimaneutraler Tourismus mit regionalen Produkten muss mehr gefördert werden, hier haben wir noch Nachholbedarf, um das Potential unserer reizvollen Landschaft auszuschöpfen
Frage 4: – Eingriffe in die Natur wie die Vernichtung der CO2-Senke durch das Abholzen des Waldes, die Minimierung der Artenvielfalt, die Versiegelung und Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen, das erhöhtes Verkehrsaufkommen mit zusätzlichem CO2 Ausstoß und die durch die Versiegelung der Böden erhöhte Hochwassergefahr verursachen hohe nicht abschätzbare Kosten in der Gegenwart und nahen Zukunft für die gesamte Gesellschaft. Das sind sogenannte externalisierte Kosten. Inwiefern werden die bei der Erschließung des Gewerbegebietes/Industriegebietes – hier auf der Mehringer Höhe – diese externalisierten Kosten tatsächlich berücksichtigt?
Ich fürchte, gar nicht. Diese lebenswichtigen Kriterien möchte ich bei all unseren Tätigkeiten und Projekten im Kreis berücksichtigt wissen. Daher möchte ich unverzüglich einen Klimaschutzmanager einstellen und ein Klimaschutzkonzept für den Kreis aufstellen. Jede Maßnahme muss dann vorab unter Berücksichtigung aller von Ihnen genannter Kriterien auf ihre Klimaverträglichkeit geprüft werden. Die geplante Ansiedlung auf der Mehringer Höhe würde danach wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Natur, der Flächenversiegelung, der weiteren Erhöhung der CO2-Emissionen durch den Mehrverkehr im Rahmen einer Gesamtbetrachtung von Kosten und Nutzen zu eine negativen Bilanz führen.