Günther Schartz ist deutscher Politiker der CDU und seit 2006 Landrat im Landkreis Trier-Saarburg. Anlässlich der Landratswahl am 26.09.21, die in einer Stichwahl am 10.09.21 entschieden wird, hat das Bündnis Naturraum Mehringer Höhe den Landratskandidat:innen Fragen zur Mehringer Höhe sowie ihrer Klima- und Umweltschutzpolitik gestellt. Günther Schartz hat auf unsere Fragen 1,2 und 4 eine zusammenfassende Antwort gegeben. Er spricht sich für die Rodung der Mehringer Höhe zugunsten eines Industriegebiets aus.
Frage 1: Wie rechtfertigen Sie auf dem Hintergrund der jetzigen Gesetzeslage und der bereits deutlich sicht- und spürbaren massiven Zerstörung von Natur durch unseren Lebensstil die Ansiedlung des auf der Mehringer Höhe geplanten Industriegebietes mit einer Bebauungsfläche von ca. 85 ha?
Frage 2: Am 29.7. war der sogenannte Erdüberlastungstag. Bezogen auf Deutschland wäre er bereits am 5. Mai gewesen. Das bedeutet, dass wir aktuell dreimal mehr Ressourcen verbrauchen, als uns zusteht. Das bezieht sich selbstverständlich auch auf den Flächenverbrauch. Nach welchen Kriterien können Sie unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der aktuellen Gesetzeslage sowie der aktuellen Verlautbarung des Weltklimarates noch Industrie- und Gewerbegebiete ausweisen?
Frage 4: – Eingriffe in die Natur wie die Vernichtung der CO2-Senke durch das Abholzen des Waldes, die Minimierung der Artenvielfalt, die Versiegelung und Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen, das erhöhtes Verkehrsaufkommen mit zusätzlichem CO2 Ausstoß und die durch die Versiegelung der Böden erhöhte Hochwassergefahr verursachen hohe nicht abschätzbare Kosten in der Gegenwart und nahen Zukunft für die gesamte Gesellschaft. Das sind sogenannte externalisierte Kosten. Inwiefern werden die bei der Erschließung des Gewerbegebietes/Industriegebietes – hier auf der Mehringer Höhe – diese externalisierten Kosten tatsächlich berücksichtigt?
Natürlich ist jeder Eingriff in Natur und Landschaft zu hinterfragen, denn es geht um die natürlichen Lebensgrundlagen. Deshalb geht es bei der Ausweisung von Gewerbe- und Industrieland, aber auch bei Wohnbauland immer um eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen des Naturschutzes und der Landwirtschaft gegenüber den Ansprüchen an Wohnraum und wohnortnahen Arbeitsplätzen. Die Nutzung von Land zur Nahrungsmittelproduktion genießt für mich außerhalb der Waldflächen absoluten Vorrang. Das Planungs- und Naturschutzrecht in Deutschland sieht dafür genaue Abwägungsmechanismen vor. Die genauen Schritte für die Planungen des Gewerbegebietes Mehringer Höhe sind noch nicht zusammengestellt. Die von Ihnen genannte Größe kann daher nicht bestätigt werden. Es ist uns aber an anderer Stelle, nämlich im Industriepark Region Trier, gelungen Flächen für Betriebe zu entwickeln, die ein nachhaltiges und umweltschonendes Produzieren und handwerkliches Arbeiten ermöglichen. Das ist mein Anspruch für die Mehringer Höhe und genauso für Reinsfeld.
Frage 3: Der Schutz vor Extremwetterlagen (Hochwasser/Hitzewellen/ Dürre), der Ausbau und die Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Trier – Luxemburg – Hunsrück – Eifel und nachhaltiger klimaneutraler Tourismus sind das Gebot der Stunde. Welche nachhaltigen Strukturmaßnahmen können Sie den Wählerinnen und Wählern präsentieren?
Es gibt eine ganze Reihe von Gewässerschutz- und Renaturierungsmaßnahmen im Landkreis. Der Landkreis hat vor vielen Jahren die Ruwer umfassend renaturiert. Ich selbst habe die Renaturierung der Leuk, damals noch als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Saarburg, initiiert und war danach für die Umsetzung des gesamten Projekts als Landrat verantwortlich. Beide Maßnahmen haben sich bereits mehrfach bei Regenereignissen bewährt. Es gab umfassende Maßnahmen an der Kyll, einschließlich des Hochwasserschutzes in Kordel, der leider beim letzten Ereignis im Sommer nicht ausgereicht hat. Die Verbandsgemeinden als Träger der Gewässer Dritter Ordnung sind ebenfalls aktiv. Zahlreiche Gemeinden erstellen Hochwasserschutzkonzepte. Leider fehlt es in Rheinland-Pfalz oft an der Umsetzungsfähigkeit, denn die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum, die für die großräumigere Flächenbereitstellung die Umsetzung regeln müssten, sind personell unterbesetzt. Beim ÖPNV wurde im Landkreis ein flächendeckendes System installiert, mit dem die Orte deutlich besser angebunden werden, auch abends und am Wochenende. Es kann aufgrund der Größe des Kreises nicht vergleichbar sein mit denen der Städte. Und ich bin der Meinung mit unserem Bundespräsidenten: „Der Klimaschutz darf nicht mit der Brille der Stadt gesehen werden“. Deshalb geht es auch um gute Verkehrswege zur Entlastung der Orte, z.B. den Moselaufstieg, der die Tallage entlastet. Es geht um alternative Antriebe im Individualverkehr, den ich für unverzichtbar halte. Unser Radwegekonzept ist zusammen mit den Verbandsgemeinden und Gemeinden in der Erstellung. Ich stehe für eine verstärkte Innenentwicklung der Orte, die Ortskerne sind stärker zu nutzen, Baulücken zu erfassen und alte Bausubstanz besser zu nutzen. Mit der Sparkasse hat der Kreis hierfür einen starken Partner und dort stehen aktuell 100 Mio. € für Bauprojekte in den Ortslagen zur Verfügung. Damit sollen gemeinsam mit den Gemeinden Gebäude aufgekauft und saniert werden, bzw. nach Abriss einer neuen Nutzung zugeführt werden. Ähnliches verfolgt die Volksbank. Der Landkreis macht im Moment ein Programm zur Obstbaumpflege, ein Programm mit 150.000 Bäumen (ein Baum pro Einwohner), wir sind in zahlreichen Naturschutzprojekten unterwegs und gewinnen in verschiedenen Verfahren nachhaltige Energie. Der Landkreis wird die Stelle eines Klimaschutzmanagers besetzen. Wir waren Mitbegründer der Energieagentur Region Trier und sind heute Partner der Energieagentur Rheinland-Pfalz